
Handelsagent in Belgien – Ein Leitfaden zu Rechten, Vergütung und Vertragsbeendigung
5. Oktober 2025
Handelsagent in Belgien: Ein Leitfaden zu Rechten, Vergütung und Vertragsbeendigung
Geschäftsbeziehungen basieren oft auf Partnerschaften, bei denen unabhängige Akteure eine entscheidende Rolle spielen. In Belgien ist der Status des Handelsagents gesetzlich streng geregelt und bietet sowohl dem Handelsagent als auch dem Prinzipal besondere Rechte und Pflichten. Als erfahrener Rechtsanwalt im Handelsagentenrecht möchte ich Ihnen einen Überblick über dieses wichtige Rechtsgebiet geben.
Was ist ein Handelsagent in Belgien?
Ein Handelsagent (gemäß Artikel X.1 des belgischen Wirtschaftsgesetzbuches) ist ein unabhängiger Gewerbetreibender, der dauerhaft beauftragt ist, für einen Prinzipal Geschäfte anzubahnen oder im Namen und für Rechnung dieses Prinzipals abzuschließen.
Die Schlüsselelemente dieser Definition sind:
- Unabhängigkeit:Der Handelsagent handelt auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung. Er ist kein Angestellter.
- Dauerhaftigkeit:Es muss eine langfristige Geschäftsbeziehung und keine einmalige Vermittlung bestehen.
- Im Namen und für Rechnung des Prinzipals:Der Handelsagent tritt als Vermittler auf und bindet den Prinzipal, nicht sich selbst, gegenüber Dritten.
Es ist wichtig, den Handelsagent von anderen Intermediären wie Maklern (gelegentliche Vermittlung), Kommissionären (handelt im eigenen Namen, aber für Rechnung des Prinzipals) oder Händlern/Distributoren (kauft und verkauft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung) abzugrenzen, da für sie jeweils andere gesetzliche Regelungen gelten.
Die Vergütung des Handelsagents
Die Vergütung des Handelsagents erfolgt in der Regel durch Provisionen. Diese Provisionen sind auf alle Geschäfte geschuldet, die während der Laufzeit des Vertrags aufgrund seiner Bemühungen zustande gekommen sind. Der Handelsagent kann jedoch auch nur eine monatliche Fixentlohnung erhalten. Daneben ist eine Kombination aus Fixhonoraren und Provisionen möglich. Dies muss vertraglich festgehalten werden.
Ein belgischer Handelsagent hat Anspruch auf Provision für:
- Während der Vertragsdauer abgeschlossene Geschäfte:Für alle Geschäfte, die direkt durch seine Tätigkeit zustande kamen oder die mit Kunden abgeschlossen wurden, die er zuvor gewonnen hat. Auch für Geschäfte im ihm zugewiesenen Gebiet oder Kundenkreis, wenn ihm dies exklusiv zugestanden wurde.
- Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossene Geschäfte:
- Wenn das Geschäft hauptsächlich auf die während der Vertragsdauer geleistete Tätigkeit des Handelsagents zurückzuführen ist und der Vertrag innerhalb einer angemessenen Frist nach dessen Beendigung abgeschlossen wird.
- Wenn der Auftrag des Dritten noch vor Beendigung des Vertrages vom Prinzipal oder vom Handelsagent empfangen wurde.
Falls keine Provisionshöhe vereinbart wurde, hat der Handelsagent Anspruch auf die übliche Provision oder, falls eine solche fehlt, auf eine angemessene Provision.
Konsequenzen der Beendigung des Vertragsverhältnisses
Die Beendigung eines Handelsagentenvertrags kann erhebliche finanzielle Folgen haben, die der belgische Gesetzgeber im Wirtschaftsgesetzbuch speziell schützt.
- Kündigungsfrist oder Kündigungsentschädigung:
- Wurde der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, kann er von jeder Partei unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Diese beträgt einen Monat pro begonnenem Vertragsjahr, mit einem Minimum von einem Monat und einem Maximum von sechs Monaten.
- Wird keine Frist eingehalten, ist eine entsprechende Kündigungsentschädigung zu zahlen.
- Bei Verträgen auf bestimmte Zeit, die nach Ablauf ohne Kündigung fortgesetzt werden, gelten sie als auf unbestimmte Zeit umgewandelt.
- Ausgleichsanspruch– Die Goodwill-Entschädigung:
Dies ist eine der wichtigsten Schutzbestimmungen für den Handelsagent. Er hat Anspruch auf diese Entschädigung, wenn und soweit:
- er neue Kunden gewonnen oder den Umsatz mit bestehenden Kunden erheblich gesteigert hat;
- der Prinzipal auch nach Beendigung des Vertrags noch erhebliche Vorteile aus den Geschäften mit diesen Kunden zieht;
- die Zahlung dieser Entschädigung aufgrund der Umstände gerecht und billig ist.
Die Höhe des Ausgleichsanspruchs ist gesetzlich auf maximal ein Jahr Provision beschränkt, berechnet auf der Basis des Durchschnitts der letzten fünf Jahre (oder der kürzeren Vertragsdauer). Dieser Anspruch entfällt, wenn der Prinzipal aus wichtigen Gründen kündigt, die dem Handelsagent anzulasten sind, oder wenn der Handelsagent selbst kündigt (es sei denn, die Kündigung ist durch das Alter, Krankheit oder Verschulden des Prinzipals gerechtfertigt).
- Rückgabe von Materialien:Der Handelsagent ist verpflichtet, alle vom Prinzipal erhaltenen Unterlagen, Muster und Materialien zurückzugeben.
Fazit
Das belgische Handelsagentenrecht ist komplex und schützt den Handelsagent umfassend, insbesondere bei der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Für Prinzipale ist es entscheidend, die gesetzlichen Bestimmungen genau zu kennen, um teure Fehler zu vermeiden. Für Handelsagent ist es wichtig, ihre Rechte zu verstehen und gegebenenfalls durchzusetzen.
Ob Sie einen Handelsagentvertrag aufsetzen, verhandeln oder eine Beendigung vorbereiten – eine fundierte rechtliche Beratung ist unerlässlich, um Ihre Interessen optimal zu wahren.